luni, 26 mai 2014

Heute war ein schöner Tag in Europa

Über die EU wird gern gemeckert  vor allem von Journalisten und anderen Schwarzsehern. Aber die Europawahl zeigt ihren Kritikern die kalte Schulter. Die Bürger wissen, was sie von der Union in Europa haben. Heute sind wir alle ein Stück weiter zusammen gerückt. Ein Kommentar von Jan Rübel.
Es wird spannend  noch ist nicht klar, wer die kommende EU Kommission anführend wird. Erst die kommenden Tage werden zeigen, ob der Sozialdemokrat Martin Schulz oder der konservative Jean Claude Juncker das Rennen macht – oder jemand ganz anderes? Bei den Europawahlen in Deutschland jedenfalls darf sich die SPD als gefühlter Sieger ausgeben: Ein satter Sprung nach vorn in den Stimmen, da mag man schon verschweigen, dass man bei der letzten Europawahl 2009 mit gerade 20 Prozent auch arg hinten gelegen hatte. Mit aufgepumpter Brust wird SPD-Parteichef Sigmar Gabriel in die nächsten Kabinettssitzungen gehen, um für seine Partei in der Großen Koalition mit der Union seinen Claim abzustecken. 

Er wird indes auf eine Kanzlerin stoßen, der dieses Wahlergebnis leicht bitter aufstößt. Ein, zwei Prozent weniger im Vergleich zum EU Votum vor vier Jahren, das ist keine Katastrophe. Allerdings hatte die Union bei der Bundestagswahl Ende 2013 weitaus besser abgeschnitten. Und es war Angela Merkels CDU Konterfei, das auf den Plakaten bundesweit lächelte. Ihr fiel auf die Füße, dass vor allem die CSU meinte, mit europakritischen Polemiken punkten zu müssen. Doch damit machten die Christsozialen die Rechung ohne den Wähler. Der durchschaut diese platten und durchschaubaren Manöver – oder entscheidet sich gleich für das Original, zum Beispiel für die AFD.

Populisten sind die Herausforderung der Zukunft.
6,5 Prozent für die Euro Kritiker, das ist ein Sieg für die AFD, keine Frage. Aber gleich, wie es ihr Vorsitzender Bernd Lucke tat, am Wahlabend die Geburt einer neuen Volkspartei auszurufen ist Beleg dafür, dass die AFD ihren Part in der Politik noch längst nicht gefunden hat. So mancher brüllender Löwe landete als Bettvorleger.

Die FDP hat zwar ein mageres Ergebnis eingefahren, verzichtete auf Populismen und verfälschendes Zuspitzen, wie es so manche ursprünglich liberale Partei in Europa betreibt.

Die FPÖ in Österreich zum Beispiel hat ein erschreckend gutes Ergebnis eingefahren, und zwar mit Rassismus im Programm. Auch in Großbritannien wittern diejenigen Aufwind, die Angst und Misstrauen unter die Bevölkerung säen und der Front National hat in Frankreich gewonnen. Aber dafür hat in den Niederlanden der Rechtspopulist Gert Wilders schwach abgeschnitten.

Dies wird die wohl größte Aufgabe der im neuen Europaparlament vertretenen demokratischen Parteien sein: Den Rechtsextremisten und Neonazis, den Populisten und Schwärmern alter Zeiten aufzuzeigen, wie sehr sie sich irren, wenn sie von Europa reden. 

Der Wahlkampf war konstruktiv und tat gut.
Denn die Menschen in Europa haben für einen phantastischen 23. Mai gesorgt. Die Wähler haben mit ihrer stark gestiegenen Beteiligung gezeigt, wie sehr Europa sie bewegt; mehr als die nörgelnden Journalisten wahr haben wollen.

Noch am Wahlmorgen fand sich auf der Aufschlagsseite von Spiegel Online nur ein Bericht mit dem Titel Wer bekommt Europas Spitzenposten, ein Bericht über Jobdiskussionen der kommenden Tage. Ist die EU nur ein Kungelhaufen? Nein, sie befasst sich mit weit mehr als mit der Ausgestaltung von Duschköpfen. Und während in den Medien über ein Europa Theater gemeckert und geunkt wurde, im Wahlkampf habe es keine großen Pläne zu beschauen gegeben, keine relevanten Debatten, hat der Wähler trotzdem sein Kreuz gemacht. Er ist womöglich begeisterter von Europa, als manche denken.  Journalisten allemal.

Denn es sind die Bürger Europas, die immer mehr merken, welch ein Segen die EU ist. Immer mehr Menschen ziehen von einem EU Land ins andere, erfahren die Gemeinsamkeiten der Gesellschaften. Wer noch vor ein paar Jahren sagte, ich bin ein Europäer, galt als gut gemeinte Kopfgeburt. Heute aber ist es Wirklichkeit.

Und auch der Wahlkampf insgesamt gibt Anlass zur Hoffnung. Dass Juncker und Schulz sich wie Gentlemen behandelten, riesige Unterschiede zwischen ihnen nicht herausstellen konnten, ist kein Makel. Im Gegenteil. Bei so viel Konsens könnte eine gute Politik entstehen. Eine, die auf gegenseitigem Respekt fußt, die Probleme erkennt und benennt. Und in einem konstruktiven Klima nach Lösungen sucht.

Der 23. Mai war ein guter Tag für Europa. Vielleicht werden ihn einmal Historiker, welche die wechselvolle Geschichte der EU samt ihrer Krisen durchleuchten, als einen Meilenstein bezeichnen.


Editor: Julian Ovidiu B, APPF & AFP

Europawahlen 2014

Europa muss wieder zu einem Europa der Bürger werden. 

 

Martin Schulz will nach den Europawahlen am 25. Mai 2014 der Europäischen Kommission vorstehen. Im Interview mit Yahoo Deutschland spricht der EU-Parlamentschef und SPD-Politiker über seine Pläne, Erwartungen und darüber, was mit ihm an der Spitze der Europäischen Kommission anders werden könnte.

Herr Schulz, Sie wollen EU Kommissionspräsident werden. Was würden Sie dann ändern?


Ich will ein Europa der Bürger, kein Europa der Banken und Spekulationen. Oberste Priorität hat außerdem der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, insbesondere der hohen Jugendarbeitslosigkeit in vielen EU Ländern. Dafür möchte ich ein Umfeld schaffen, das es Unternehmen leichter macht, mehr Leute einzustellen. 

Würden davon nicht vor allem große Konzerne profitieren?
Kleine Unternehmen, die das Rückgrat unserer Wirtschaft sind, sollen durch neue Kreditprogramme leichter an Geld kommen und länger Zeit haben für die Rückzahlung. Ich würde außerdem für die Gleichstellung der Löhne unter den Geschlechtern sorgen. In Europa verdienen Männer für den gleichen Job noch immer durchschnittlich 15% mehr als Frauen. Das ist beschämend. Meine Kommission sieht als ihre Aufgabe an, für steuerliche und soziale Gerechtigkeit zu sorgen und Steuerhinterziehung noch stärker zu ahnden. Steueroasen und betrug kosten die EU jedes Jahr noch immer Millionen von Euro, die in öffentliche Einrichtungen investiert werden könnten. 


Hat sich viel verändert, seitdem Sie 1994 als Abgeordneter ins EU-Parlament einzogen sind? Gab es damals mehr Europa als heute, mehr Freude an europäischer Einigung? 
Ich glaube nicht, dass heute generell weniger Begeisterung für Europa herrscht, als noch vor 20 Jahren. Es ist jedoch mehr Frustration und Verdruss zu spüren als damals, was vor allem mit der momentanen wirtschaftszentrierten EU-Politik zusammen hängt. Diese Politik ist das Ergebnis konservativer und neoliberaler Politiker, welche die EU das vergangene Jahrzehnt über dominiert haben.

Dem europäischen Manifest selbst mangelt es an Solidarität. Es ist zu sehr auf dem nationalen Egoismus einzelner Staaten aufgebaut. Das ist eine willkommene Grundlage für Euroskeptiker. Mein Job ist es nun, den Menschen zu zeigen, dass sie auch eine andere politische Wahl treffen können.

Die EU Skepsis nimmt mit jedem Tag zu. Warum ist das so und was wollen Sie dem außer Ihrer Begeisterung für Europa entgegen stellen?
Meine Kommission wäre jedem einzelnen EU Bürger gegenüber fairer. Die Menschen sehen bisher ein System, welches ihnen während der Finanzkrise nicht zur Seite gestanden hat. Sie sehen Bankangestellte, die ihren Job verlieren, während verantwortungslose Spekulanten sechsstellige Summen einheimsen. Sie sehen Internet-Giganten Steuern einsparen, während Start-Ups darum kämpfen einen Kredit zu bekommen. Ich möchte die Herausforderung annehmen, diese Ungerechtigkeit zu bekämpfen und Europa zurück in den Dienst seiner Bürger zu stellen. Das wird hoffentlich auch das Ansehen der EU wieder herstellen.

Die EU Finanzkrise führte zu einem allgemeinen Vertrauensverlust bei vielen Bürgern Europas. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel setzte sich mit einem strikten Sparkurs durch. War das richtig? 

Nein das war es nicht. Sparpolitik allein kann nie die Lösung eines solch umfassenden Problems sein. Es muss vielmehr in das wirtschaftliche Wachstum Europas investiert werden. Erst letzte Woche habe ich mit dem italienischen Ministerpräsident Renzi darüber gesprochen, dass wir momentane Ausgaben und Investitionen der Zukunft differenziert betrachten müssen. Wirtschaftlicher Wachstum braucht verbindliche Verpflichtungen  nicht nur Einsparungen.

Vor allem in den südeuropäischen Ländern, die im Zuge der Finanzkrise große Einschnitte hinnehmen mussten, herrscht große Skepsis gegenüber der deutschen Führung. Wie wollen Sie diese wachsende Kluft, vor allem zwischen Deutschland und den ärmeren EU Ländern, überwinden?

Jeder Europäer muss verstehen, dass es momentan nicht um die Unterschiede der einzelnen Länder geht, sondern vielmehr um die Unterschiede, was politische Ideen anbelangt. Als ich in Südeuropa unterwegs war, habe ich gemerkt, dass ich nicht als Deutscher, sondern vielmehr als Sozialdemokrat bzw. als Sozialist gesehen werde. Ich war einer der ersten EU Politiker, die während der Finanzkrise nach Griechenland gereist sind. Außerdem war ich während verschiedener Wahlkampagnen oft in Ländern wie Spanien oder Portugal unterwegs. Gerade in diesen Ländern hält die SPE (Sozialdemokratische Partei Europas) die richtigen Antworten auf die strikte Sparpolitik der konservativen Parteien bereit.

Warum stehen rechtspopulistische Parteien in den Umfragen derzeit gut da? Sind diese Parteien, wie etwa die FN, die Lega Nord, die UKIP, eine Gefahr für Europa? 

Die Gefahr, die von diesen Parteien ausgeht, betrifft nicht nur die Anzahl der Sitze, die sie im Parlament bekommen, sondern auch den Einfluss, den sie auf andere, teilweise auch etablierte Parteien ausüben. Jemanden wie Silvio Berlusconi für mehr Italien, weniger Deutschland werben zu sehen, sendet besorgniserregende Signale. Von rechten Parteien geht eine Gefahr für alle EU-Bürger aus, denn Politiker wie Marie le Pen in Frankreich oder der Brite Nigel Farage haben kein Interesse daran, ihre Wünsche in Brüssel zu repräsentieren. Sie haben keine konkreten Lösungen, aber für alles einen Sündenbock. Was die EU braucht, sind Politiker die ihre Ärmel hochkrempeln und praktische Lösungen finden, statt Politiker, die von der rechten Seite Parolen rufen.

Die Jugendarbeitslosenquote ist in vielen EU-Ländern alarmierend. Sollte dementsprechend nicht mehr für die Förderung von wirtschaftlichem Wachstum getan werden? Wenn ja, was genau? 

Die Jugendarbeitslosigkeit zu senken hat für mich oberste Priorität. Mein Kredit-Modell für kleine Unternehmen ist ein konkreter Lösungsansatz dafür. Weiterhin werde ich mich für ein höheres Budget für die Europäische Jugendgarantie einsetzen. Das hatten die Sozialisten bereits in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen, jedoch wurde der Entwurf aufgrund einer fehlenden Mehrheit abgelehnt.

Während der Finanzkrise forderten Sie die Einführung von Euro-Bonds, also von gemeinschaftlichen Schulden am Kapitalmarkt. Warum hört man darüber im aktuellen Wahlkampf nichts mehr von Ihnen?

Das Thema Eurobonds war vor allem auf dem Höhepunkt der Finanzkrise von Bedeutung, als die Zinssätze durch die Decke gingen. Es macht in gewisser Weise noch immer Sinn gemeinschaftliche Bonds bei einer gemeinschaftlichen Währung zu haben, doch das ist eher ein Projekt für die Zukunft.

Das Thema hat nicht mehr die höchste Dringlichkeitsstufe. Momentan sind vor allem ein Kick-Start der Wirtschaft und die Schaffung neuer Jobs am wichtigsten. 

Die EU ist eigentlich ein wichtiger außenpolitischer Player, bekommt aber Konflikte vor der eigenen Haustür  wie etwa in der Ukraine oder dem Nahen Osten  nicht in den Griff.  Was muss sich ändern, damit die EU sich außenpolitisch gegenüber den USA emanzipieren und diese Konflikte selber lösen kann? 

Außenpolitische Fragen bleiben vor allem in den Händen nationaler Regierungen. Die EU kann in dieser Hinsicht nur das machen, zu was die einzelnen Staaten sie ermächtigen. Ich schätze Cathy Ashton (Anm. d. Redaktion, erste hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik sowie Vizepräsidentin der Europäischen Kommission) sehr für ihre Arbeit, in dem Bereich. Leider wird das bisher in der Öffentlichkeit noch zu wenig beachtet. Frau Ashton hatte beispielsweise eine Schlüsselrolle bei den Verhandlungen mit dem Iran und hat wesentlich dazu beigetragen, die nukleare Aufrüstung des Landes zu stoppen. 

Sie sind nahezu jeden Tag in einem anderen Land unterwegs. Wo herrscht die größte EU-Begeisterung, wo am wenigsten? 

Ich kann Ihnen wirklich sagen, dass es überall in Europa begeisterte Anhänger gibt. Natürlich haben die Leute aufgrund der verschiedenen Umstände in den einzelnen Ländern auch unterschiedliche Sichtweisen. Die meisten Bürger sind aber offen für konstruktive Diskussionen darüber, wie wir unsere Institutionen gemeinsam dazu bekommen können, sich wieder in die richtige Richtung zu bewegen: und zwar in eine progressivere, sozialere Richtung, wo die Bedürfnisse des einzelnen Bürgers wieder ganz oben stehen.

Großbritannien steht offenbar nicht auf Ihrer Reiseroute. Warum eigentlich? Und warum werden insbesondere die Briten immer EU skeptischer? 

Die Wahl in Großbritannien ist in der Tat einzigartig, denn sie konzentriert sich vielmehr auf die generelle Frage nach einer EU-Mitgliedschaft, als auf die EU-Politik. Trotzdem denke ich dass das Land auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der EU spielen wird und zwar als volles Mitglied. Schließlich bildet die Labor Party das Herz der sozialdemokratischen Wahl des europäischen Parlaments.

Sie wollen als demokratisch gewählter Spitzenkandidat Kommissionspräsident werden. Darüber aber entscheiden die EU Regierungschefs, nicht die Wähler an den Urnen. Sehen sie die Gefahr, dass in Brüsseler Hinterzimmern ein Präsident ernannt wird, der die Wahlergebnisse nicht widerspiegelt?

Das Abkommen der EU macht deutlich, dass das Parlament das letzte Wort bei der Wahl des Kommissionspräsidenten hat. Alle großen politischen Gruppen haben diesem Prozess zugestimmt und klar verlauten lassen, dass nur einer der Kandidaten die Mehrheit im Parlament bekommt. Kein neuer Kandidat könnte durch ein so genanntes Hinterzimmerabkommen Kommissionspräsident werden.

Editor: Julian Ovidiu B, AFP & APPF